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Über ulrikelw

Freude-Sucherin, hoffentlich bald Finderin. Schreiberin und Kommunikatorin. Mutter von drei Kindern und verheiratet mit meiner grand amour aus Frankreich. In Göttingen geboren, im Baselland zu Hause, gern in der Welt unterwegs.

Weihnachts-Trost

Vor drei Tagen habe ich sie beim Spazierengehen plötzlich im Raureif entdeckt: Ein Feld voller winziger Tannenbäume, in langen Reihen angepflanzt. Einige gingen mir bis zum Unterschenkel, andere überragten kaum das grüngraue strubbelige Gras um sie herum. Aber so winzig sie waren, sah man genau, was sie einmal werden würden mit ihren dunkelgrünen Ästchen, im Kreis rund um ihre daumendicken Stämme angeordnet: Weihnachtsbäume.

Als ich mit unserem Hund an dem Zaun stand, der die Bäumchen von der Kuhweide abgrenzte, spürte ich plötzlich Hoffnung. Und Trost.

Das vergangene Jahr war mit den Belastungen der Covid-Pandemie hart genug gewesen. Jetzt steht uns noch Weihnachten bevor. Die Kinder sind müde und überdreht zugleich, schlafen schlecht, machen sich Sorgen um ihre Großeltern: Was, wenn die Covid jetzt noch kurz vor der Impfung bekommen?

Und um Weihnachten: Wie soll das ohne Oma und Opa, ohne Mamie und Papy werden? Norddeutschland und die Bretagne sind viel zu weit entfernt. Weder können sie uns besuchen kommen, noch wir mal kurz und auf sichere Weise vorbeischauen. Über uns steht kein Weihnachts-Stern, sondern eine düstere Befürchtung, die keiner aussprechen will: Und wenn wir sie gar nicht wiedersehen?

Und wo soll Trost herkommen, Zuversicht, dass Weihnachten trotzdem ein lichtvolles Fest werden kann? Aus der Wissenschaft, die uns bald medizinische Lösungen verspricht? Ja, aber das überzeugt mehr unseren Kopf, als dass es unser Herz berührt. Aus einer 2000 Jahre alten Begebenheit, die von Verfolgung und Armut, von Hoffnung und einem Kind in der Krippe erzählt? Ja, aber das erscheint uns im Moment wie eine Geschichte, die wir begreifen, aber nicht greifen können.

Die kleinen Bäumchen stehen im Gras, als ich um die Ecke biege, meine Stimmung so grau wie der verhangene Himmel. Hinter mir dröhnt die Hauptstrasse, unten am Hügel sehe ich nasse Pfützen auf der Kuhweide stehen. Meinem Hund spritzt der Matsch die Beine hoch. Trostlos.

Waren die schon länger da, denke ich, als ich dunkelgrünen Minibäumchen entdecke? Ich laufe doch jede Woche hier vorbei, der schnüffelnde Hund vor mir her – wieso sind die mir nie aufgefallen?

Als ich mich an den Zaun lehne, fallen Wassertropfen auf meine Schuhe. Andere hängen noch am Holz, glitzernd, fett, reif zum Runterfallen. Unser Hund schnüffelt am Boden und scheucht einen Schwarm Spatzen auf, die keckernd auffliegen und sich in die Obstbäume hinter uns flüchten. Er geht weiter zu den Kühen, die mit dickem Winterfell auf der Weide stehen. Fusselrinder nennen unsere Kinder sie.

Und da plötzlich spüre ich Trost. Die Hauptstrasse höre ich immer noch, vor allem aber die wütenden Spatzen. Das Grau hängt immer noch im Himmel, aber am Zaun hängen die Tropfen-Glitzerreihen. Der Hund ist voller Matsch, aber ein Fusselrind schnaubt ihn vertrauensvoll an und er schaut fasziniert zurück. Der Gedanke an Weihnachten, wie es dieses Jahr sein wird, macht mich noch immer traurig, aber vor mir stehen die Bäumchen und wachsen heran.

Irgendwann sind sie gross, irgendwann ist diese Pandemie vorbei. Irgendwann werden einige Bäume abgestorben sein oder viel zu krumm gewachsen, irgendwann werden wir neue Probleme haben.

Aber einige von ihnen werden starke, schöne Weihnachtsbäume. Einer vielleicht sogar der Baum, der in bei uns stehen wird. Den wir immer mit den Kindern am Heiligabend schmücken.

Einer von uns hat dann immer schlechte Laune und einer schafft es immer, eine Riesen-Schachtel mit Baum-Dekorationen umzuschmeißen. Und trotzdem ist es immer einer der schönsten Momente im Jahr. Und auf eine Weise, die wir noch nicht kennen, werden die Großeltern immer dabei sein.

Morgen überrede ich die Kinder und meinen Mann, sich matschtaugliche Schuhe anzuziehen und mit mir zu der Wiese zu gehen. Hoffentlich sind die Spatzen noch da, der Raureif, die Fusselrinder, die Glitzertropfen. Ganz sicher wachsen die Bäumchen dort weiter, unauffällig und hartnäckig. Weihnachts-Trost zum Anschauen, zum Beschnüffeln, zum Anfassen.

Lieber Gärtnern als Schnitzen: Meine Erziehungs-Vorsätze für das neue Jahr

Schon wieder ist ein Jahr vorüber. Und wie immer ziehe ich Mama-Bilanz: Frage mich, was habe ich in dieser zähen, schnellen, nervigen, wunderbaren Zeit mit unseren Kindern halbwegs gut gemacht? Was weniger? Und was nehme ich mir für das kommende Jahr vor?

«Der Gärtner und der Schreiner»  war eines des berührendsten Bücher über Erziehung, das ich in den letzten Monaten gelesen habe. Alison Gopnik rüttelte mich auf mit ihrer Weisheit als Grossmutter und ihren Einsichten als Wissenschaftlerin aus Berkeley.

Wir würden viel zu oft versuchen, wie Schreiner zu arbeiten, unsere Kinder zurechtzuschnitzen und zu hobeln, warnt sie. Mit harter Arbeit und einer klaren Zielvorstellung, wie genau unsere Kinder am Ende unserer Erziehung herauskommen sollten.

Viel sinnvoller, so Gopnik, sei es dagegen, Elternsein wie das Schaffen eines Gärtner zu verstehen. Ein gutes Umfeld zum Wachsen zu bieten, angepasst auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes. Geduldig und offen zu sein, sich auf die unvorsehbare Einzigartigkeit jedes kleinen Lebens einzulassen.

Sie hat recht, denke ich. In den zähen Momenten unseres Familien-Lebens, da hatte ich eine genaue Vorstellung davon, wie meine Kinder zu sein hatten. Organisierter, leiser, besser in der Schule. Fröhlich, aber nicht zu laut. Kreativ, aber nicht zu anstrengend. Sportlich, aber nicht zu hibbelig.

Und dann fing ich mit dem Zurecht-Schnitzen meiner Kinder an: «Mach dies nicht, stattdessen das. Werde endlich anders, als Du jetzt gerade bist. Dann ich weiss ja, wie Du sein sollst». Solche Ansätze waren schmerzhaft für alle.

Aber dann gab es auch die anderen, wunderbaren  Momente, in denen Wachstum stattfand. Meine Kinder wuchsen auf ihre Weise. Ich wuchs, weil ich meine Kinder so sein lassen konnte wie sie sind. Und von dieser Zeit, dieser Haltung möchte ich mehr finden im neuen Jahr.

Ich möchte im kommenden Jahr gärtnern statt schnitzen in der Erziehung und …

  • Gute Standorte finden: Jedes meiner Kinder braucht einen anderen Platz in unserem Garten um gut zu wachsen. Die Jüngste mehr Ruhe und Rückzug, die mittlere mehr Action. Der Teenie mehr Autonomie und Flexibilität, die Kinder mehr verbindliche und vertraute Rituale. Als Gärtner kann ich herausfinden, wo jede einzelne Person blühen kann und ihnen dieses Umfeld schaffen.

 

  • Kleinen Ästen Halt geben: «Ist so’n kleines Rückrat, sieht man fast noch nicht. Darf man niemals beugen, weil es sonst zerbricht.» sang Bettina Wegner. Auch die Träume, Talente und Ziele unserer Kinder wachsen noch, müssen sich an uns Erwachsenen und unserer Lebenserfahrung festhalten können. Damit aus zarten Knospen einmal starke, belastbare Bäume werden können.

 

  • Licht und Wärme vermitteln: Jede Pflanze dreht sich zum Licht und zieht die Energie daraus zum Wachsen. Ich denke, unsere Kinder brauchen genauso ihre Quellen von Liebe, Verlässlichkeit und klaren Werten. Oft stecke ich als Mutter viel zu sehr im Machen, im Alltag-Managen fest, um mir bewusst zu werden: Einfach dasein, Licht und Wärme ausstrahlen würde reichen.

 

  • Schatten reduzieren: Es schneidet mir jedes Mal ins Herz, wenn ich unsere Kinder mickern statt wachsen sehe, dürr statt blühend. Aber mit etwas Suchen finden wir meist, woher die Schatten kommen, die gerade über ihnen liegen. Kummer in der Familie, Schule oder mit Freunden, zu hohe Ansprüche, zu wenig Leichtigkeit … Nur immer Helligkeit und Turbowachstum kann es nicht geben, für niemanden. Aber manche Schatten können wir wegnehmen.

 

  • Offen sein für Überraschungen: Draussen in unserem Garten wächst alles anders als geplant. Manches schneller, anderes viel langsamer. Zwiebeln, die ich gesetzt habe, treiben im ersten Jahr gar nicht, dafür im zweiten um so mehr. Wildkräuter siedeln sich an und sind ebenso schön wie unsere gesetzten Pflanzen. Ich wünsche mir für unsere Kinder die gleiche Gelassenheit wie beim Gärtnern: Mich an allem zu freuen, was da heranwächst. Es zu nehmen, wie es eben ist.

Kette

Ich bin gespannt, wie es wird, das neue Jahr als Mama-Gärtnerin. Ich werde mir einen kleinen Giesskannen-Anhänger an meine Kette hängen, um mich an diese Vorsätze zu erinnern und eine neue Haltung zu üben: An Gras nicht ziehen. An Ästen nicht schnitzen. Geduld haben und auf Wachstum vertrauen.

Vor allem will ich mir Zeit nehmen, unseren Familien-Garten zu geniessen. Ja, ich werkele auch draussen gern herum. Aber am allerliebsten sitze ich im Garten und freue mich über all dieses wachsende Leben. Mit meinen Kindern nehme ich mir diese  Zeit viel zu selten. Und sie ist vielleicht das Wertvollste am Elternsein. Auch einmal ohne Ansprüche, ohne Ziele, ohne fest Vorstellung – und vor allem ohne Schnitzmesser und Hobel in der Hand! – meinen Kindern beim Wachsen zusehen.

Ich wünsche Euch viel Freude beim Gärtnern, viel Wachstum und alles Gute im neuen Jahr!

Bislang ist das Buch von Alison Gopnik nur auf Englisch unter dem Titel «The gardener and the carpenter» erschienen: https://www.amazon.de/Gardener-Carpenter-Development-Relationship-Children/dp/1784704539/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1513677597&sr=8-1&keywords=gardener+and+carpenter

Kleine, grosse Weihnachts-Freuden

„Das Geheimnis der Weihnacht besteht darin, dass wir auf unserer Suche nach dem Großen und Außerordentlichen auf das Unscheinbare und Kleine hingewiesen werden.“ (Autor unbekannt)

 Als ich nach einem Spruch für unsere Familien-Weihnachtskarten suchte, fand ich diesen. So wahr, dachte ich. Das stimmt, es ist stimmig für uns. Es passt zu meiner Stimmung, nicht nur vor Weihnachten.

IMG_5768Gross und aussergewöhnlich ist in meinem Leben eigentlich nichts. Dabei hatte ich früher so grosse Träume. Etwas richtig Grosses wollte ich ändern in der Welt, am liebsten im Umweltschutz. Einen aussergewöhnlichen Job finden, vielleicht ein grosses Buch schreiben? Auf jeden Fall eine grosse Familie haben, jede Menge Kinder, Tiere und Platz. Jede Menge grosses, buntes, aussergewöhnliches Leben.

Nein, davon habe ich gar nichts verwirklicht, denke ich heute in den trübe-kriseligen Momenten. An anderen, sonnigeren Tagen finde ich: Doch, eigentlich habe ich von all dem ein bisschen  verwirklicht. Nur viel kleiner und unscheinbarer. Aber vielleicht ist das ok, wenn es auch das Geheimnis der Weihnacht ist?

Das erste Weihnachten, was ich als Kleinkind erlebte, sollte etwas ganz Besonderes sein. So hatten es sich meine Eltern, Grosseltern, Paten gewünscht für mich, dem ersten Kind in der Familie, das da seit Jahren mitfeiern würde. Sie erzählten mir im Kinderzimmer vom Christkind, von Engeln und Sternen und all dem Tollen, was gleich passieren würde. Einen wunderschönen Baum hatten sie geschmückt, eine Brio-Bahn für mich darunter aufgebaut, zwischen aufgetürmten Geschenken.

Als das Glöckchen läutete, unsere grossen Altbau-Türen zum Wohnzimmer aufgingen, lief ich total aufgedreht und aufgeregt zu dieser hellen Herrlichkeit. Und übergab mich in hohem Bogen, direkt unter den Weihnachts-Baum. Keine Magen-Darm-Grippe, es war wohl nur alles zusammen viel zu gross und zu aussergewöhnlich gewesen für ein kleines Kind.

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Omi an Heiligabend mit 34 Jahren

Meine Großmutter hatte mir an diesem Weihnachts-Abend und später, über meine Kindheit hinweg ein ganz anderes Lebensgefühl vermittelt. Omi war eine kleine Frau mit einem kleinen Leben. In ihren letzten Lebensjahren im Rollstuhl, im Altersheim muss dieses Leben jeden Tag noch ein bisschen beengter geworden sein, denke ich heute. Als Kind spürte ich nur, wie Omi sich an den kleinen Dingen freute. Ein Sauerbraten, der ihr gelungen war. Ein Usambara-Veilchen, das blühte. Eine Frisörin, die ihr die weissen Löckchen neu gelegt hatte. Ein Enkel, der für ein paar Minuten hereinschneite zu ihr.

Worum uns selten jemand bitten musste, selbst als Omi nurmehr sass in ihrem Rollstuhl, wenig sprach und viel lächelte. Wir blieben meist nicht lange, aber wir kamen gern in ihr Zimmer, das jedesmal ein bisschen chaotischer war und oft nach Altersheim-Essen roch. Omi war keine Heilige, sie konnte durchaus auch pikselig und bissig werden. Aber meistens strahlte sie eine unerschütterliche Freude aus, so viel sie durch Weltkriege, Flucht, Scheidung verloren hatte und so klein ihr Leben geworden war.

Jetzt, wo ich selber Mutter bin, würde ich Weihnachten liebend gern möglichst gross und aussergewöhnlich gestalten für unsere drei Kinder. Daran ist auch nichts verkehrt. Aber wenn ich ehrlich zurückdenke, ging uns da noch immer etwas schief. Bei den aussergewöhnlichen Geschenken danebengegriffen, bei der grossen Dekoration übertrieben. Beim außergewöhnlichen Festessen den Geschmack nicht getroffen, beim grossen Familientreffen in den grossen Streit geschlittert.

Entspannt, besinnlich, so richtig weihnachtlich sind bei uns nur die kleinen, unscheinbaren Momente, die sich einfach ergeben, jenseits aller Weihnachts-Planung, alle Jahre wieder. Kinder, die morgens im Pyjama zwischen Geschenkpapierfetzen liegen, selig beschäftigt mit einem neuen Spielzeug. Ein improvisierter Brunch mit Stollen, Rührei und Überbleibseln vom Braten. Die ganze Familie auf einem Winterspaziergang, natürlich ohne Schnee und trotzdem schön. Ein Gespräch in aller Ruhe mit meinen Eltern, während die Kerzen ausbrennen.

IMG_5783.JPGOmi hätte sich an diesen Momenten mit ihren Urenkeln gefreut. Ihr Geburtstag war am 24. Dezember, dieses Jahr am Heiligabend wäre sie 107 geworden. Wenn ich mir eins aus dem genetischen Pool meiner Familie aussuchen und zu Weihnachten wünschen dürfte, dann ihre Freude an dem Kleinen und Unscheinbaren. Ihre Fähigkeit, es nicht immer auf der Suche nach Grossem und Aussergewöhnlichen zu übersehen und zu überrennen. Ob ihr das als „Christkind“ einfach mitgegeben worden war, ob sie es erst lernen musste wie wir? Geheimnis der Weihnacht.

Ich wünsche Euch allen frohe Festtage und viele wunderbare Weihnachts-Momente mit Euren Familien, kleine und grosse, unscheinbare und aussergewöhnliche!

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Ein bisschen zu viel des Guten im Dezember!

Gerade habe ich alle Termine für den Dezember in unseren Familien-Kalender eingetragen. Und gedacht, oh Gott. So wie der Monat jetzt schon aussieht, werden wir alle permanent wuseln wie die Weihnachts-Wichtel. Vier Schul-Anlässe, drei Konzerte, zweimal Advents-Singen, sechs Ausflüge, eine Sportnacht, Backen für den Stand am Weihnachtsmarkt vom Fussball-Club, drei Bastel-Projektwochen – wenn ich richtig gezählt und nichts übersehen habe. Was bei der Fülle sehr wahrscheinlich ist

Und das heisst für uns Eltern ja nicht nur, das richtige Kind zur richtigen Zeit irgendwohin hinzubringen. Dazu müssen wir kiloweise Kekse backen und Bio-Mandarinen einpacken. Gelbe T-Shirts für das eine Adventskonzert organisieren und für das andere festliche Outfits mit Engelsflügeln, das steht so im Elternbrief. Warmen Kakao für die ganze Klasse kochen für die Winterwanderung, komplettes Ski-Outfit raussuchen für die Eislaufbahn. Korken sammeln für die Bastelwoche und an einem Tag mithelfen. Ach ja, und ungezählte Stücke und Lieder, gern auf Spanisch, mit den Kindern üben. Hilfe!

Versteht mich nicht falsch:  Ich finde jede einzelne dieser Weihnachts-Anlässe wunderschön. Ich bin allen, dem Schulteam, den Coaches und Musik-Lehrern dankbar für ihr Engagement, ganz ehrlich. Sie wollen mit unseren Kindern die Vorweihnachtszeit ganz besonders gestalten, bringen sich selbst mit Liebe und Kreativität ein, und das ist wirklich toll. Nur in Summe ergibt es leider einen unglaublichen Wirbel für die Familien. Der jedes Jahr ein bisschen wirbeliger wird, scheint mir – die Bastelprojekte komplizierter, die Lieder exotischer, die Ausflüge aufwändiger, die Anlässe länger …

img1Ich bin wirklich kein übelgelaunter Weihnachts-Grinch, obwohl ich dieses Buch und die Filme liebe. Übrigens, wer den Grinch noch nicht kennt, die Geschichte ist herrlich lustig und trifft den Nagel auf den Kopf. Unbedingt lesen oder anschauen mit den Kids! Nein, ich finde die Adventszeit herrlich, bin selber gern am Basteln, Backen, Singen, Dekorieren und Vorbereiten mit den Kindern. Nur wenn alles um uns herum zu viel wird, dann möchte ich wie dieser grüne, grummelige Fussel-Grinch irgendwo einen Stecker rausziehen. Oder alles zumindest einen Gang langsamer schalten. Zu viel des Guten!

Ich würde so gern einfach in Ruhe mit der Familie die Dezembertage geniessen. Ohne Termin-Stress und dauernde „huch, wir müssen ja noch …“ Panik. Ohne Ausraster à la „verdammte Hacke, wie konntest Du bloss diesen Elternbrief verschlampen?!“ und Last-Minute-Katastrophen wie eingefleckte Konzert-T-Shirts. Ohne eine unmöglich komplexe Logistik, um Kind A zum regulären Training und Kind B zur zusätzlichen Probe zu bringen. Denn leider haben sich bei uns noch keine Wichtel gemeldet, um den normalen Alltag in Vollzeit zu übernehmen und uns für den Weihnachts-Wirbel komplett freizustellen …

IMG_8501Ich habe nachts schon Albträume, dass bei uns zwar die Keks-Dosen restlos gefüllt sind, aber der Kühlschrank gähnend leer. Dass unsere Kinder zwar perfekt ausgestattet sind mit Korken, Kostümen und Kakao, aber ich das falsche Kind am falschen Ort zurücklasse. Mit Engelsflügeln. Wird es dann eigentlich zurückgeflogen? Dass wir es zwar schaffen, jeden Tag x-mal durchs ganze Dorf zu wuseln, aber nicht mehr, mit dem Hund in den Wald zu gehen. Er guckt jetzt schon ganz verstört und scheint zu denken, Menschen sind seltsam. Ich gebe ihm recht.

Eigentlich möchte ich mich nur mal einen ganzen Abend lang faul mit einer grossen Tafel Weihnachts-Schokolade, Rotwein und Kuschelsocken aufs Sofa setzen, im Kerzenschein. Spontan mit den Kindern in die Stadt zum Weihnachtsmarkt fahren, ohne verzweifelt nach einer Lücke im Termin-Kalender zu suchen. Einfach mit der ganzen Familie durch den Wald stapfen, meinetwegen auch ohne Schnee, dafür mit einem sehr glücklichen Hund. Vielleicht sogar Feuer machen und Weihnachtslieder zusammen singen, auch wenn unser Teenie das oberpeinlich fände … Aber wann bloss? Geht Euch das auch so?

Deshalb mein ganz grinchiges Grummeln: Bitte, bitte ein bisschen weniger von allem Guten im Advent! Die Welt geht ja Neujahr nicht unter. Im Gegenteil, wir haben dann noch den ganzen grauen Winter vor uns und könnten ein paar Highlights in der Saure-Gurken-Zeit gut gebrauchen. Okay, Weihnachts-Basteln, Backen und Singen gehören schon in den Dezember, das sehe ich ein – aber vielleicht ist Weniger da auch Mehr? Vielleicht könnte es weniger aufwändig viel stimmungsvoller werden? „Ihr Kinderlein kommet“ in der Schul-Aula statt „Noche de paz, noche de amor“ im Musical-Theater?

Denn spätestens Weihnachten wollen wir ja alle nicht mit hängender Zunge über die Ziellinie traben und unter dem Tannenbaum zusammenklappen. Und schön wäre es auch für unsere Kinder, vorher einmal zur Ruhe und Besinnung zu kommen, statt schon völlig überdreht in die Festtage zu starten. Findet zumindest der Grinch in mir. Ich ziehe mir jetzt einfach die Kuschel-Socken an, stöpsele das Telefon aus und lese meinen Kindern „Tomte Tummetott“ vor. Der muss den ganzen Dezember nur durch den Schnee stiefeln und Tiere streicheln. Alle Jahre wieder denke ich: Hat der es gut …2943666ff17c52b1a18fc2177e071526 

Wie geht es Euch im wirbeligen Advent? Geniesst ihn trotz und mit allem, was dazugehört!

Mit bunter Wolle stricken

Zum Glück gibt es sie: Bunte Wolle, die einfach Freude bringt. Wolle, die meliert ist, mit unterschiedlichen Farben, die ineinander verlaufen, mit Pailletten, Glitzer oder Perlen, flauschig oder superdick …

Wolle, die in sich schon so wunderschön ist, dass sogar meine supereinfachen Strickwerke damit gut aussehen. Wolle, mit der das Stricken auch einer ungeduldigen Simpel-Strickerin wie mir Spass macht.

Ich habe diesen Winter das Stricken wiederentdeckt. Und es ist ein so schönes Hobby. Zwei Nadeln, ein Knäuel, ein weicher Wollfaden, der über die Hände läuft und ein immer weiter wachsendes Strickteil. So einfach.

Immer und überall möglich: Stricken kann ich beim Schwätzen, beim Fernsehen, beim Kinder-Beaufsichtigen. Solange ich meinen Stricksack auch noch in meine grosse Mama-Handtasche quetschen kann, geht es im Zug, im Urlaub, bei Freunden.

Stricken lässt mich gedanklich herunterfahren, ruhiger werden. So eine Art Klickediklick-Handmeditation. Das bestätigen sogar Wissenschaftler: https://www.meier-magazin.de/article/die-heilsame-und-entspannende-wirkung-des-strickens/1419.

Stricken gibt meinen Händen etwas zu tun und mir das Gefühl, kreativ und produktiv zu sein. Auch wenn ich nur auf dem Sofa oder der Bank am Spielplatz sitze und einige Zentimeter mehr an meinem Schal stricke: Da entsteht gerade ein kleines Werk – mein Werk!

Sicher kein Meisterwerk, denn ich kann wirklich nicht gut stricken. Keine Zöpfe oder Norwegermuster wie meine Mutter. Keine komplizierten Muster oder Strickprojekte mit winzig kleinen Maschen.

Eigentlich kann ich sogar Strickmuster nicht mal richtig lesen. Ok, „64 Maschen anschlagen“ – das kriege ich noch hin. Aber was bitte soll das heissen: „Garn B, *1 M re, 3 M lvkr, 3 M rvkr; ab * bis wdh. Letzte M re str.“ ?! Hilfe, Mama …

Nein, das ist mir zu kompliziert. Und da kommt die wunderschöne Wolle ins Spiel: Mit bunten Knäueln und guter Qualität wird auch aus meinen „zwei rechts, zwei links“ simpel Strickprojekten etwas Schönes. Finde ich zumindest und habe Freude daran.

Ein Ringelschal. Stulpen für meine Mädels. Ein Stirnband. Ein Dreieckstuch – hier meine Lieblingsanleitung dazu: https://www.youtube.com/watch?v=Xokk3eXH1Vs.

Übrigens macht auch schon der Gang in den Wolleladen Spass. So viel herrliche, verschiedene, kunterbunte Knäuel zum in die Hand nehmen und darüberstreicheln. So eine nette Beratung, was man alles damit machen könnte. Sogar Kurse gibt es.

Zum Glück haben wir in unserem Dörfli einen ganz besonders schönen Laden: https://www.wulleladetherwil.ch/. Vielleicht gibt es bei Euch etwas ähnliches?

Ich glaube, ich ziehe jetzt mal wieder los zum Wullelade. Ich brauche dringend neue bunte Wolle !

 

 

Wir feiern heute mal krank

FreudeFinden im Familien-Alltag: Gar nicht so einfach mit kranken Kindern … Oder doch?

Meine jüngste Tochter hustet bellend wie ein Seehund. Die mittlere krächzt wie ein Rabe. Beide schniefen, jammern und sitzen frühmorgens im Pyjama auf unserem Bett. Ich denke, verflixt – gerade heute, wo so viel zu tun ist! Müssen die dauernd krank werden? Schon wieder so ein verratzter Kranke-Kinder-Tag. Da soll man noch fröhlich bleiben?

Dann beschließe ich: Wir sind heute einfach mal krank und machen das Beste daraus.

Wir werden so wenig wie möglich anderes tun – ausser Kranksein geniessen. Ich lasse meinen Pyjama an und setze mich zu meinen kranken Kindern. Wir stülpen uns bunte Pudelmützen auf und schiessen Selfies im Bett, vor unserer chaletmässig gemütlichen Holzwand.

Dann planen wir den Tag: Auf Bettsocken ins Wohnzimmer tigern. Heissen Holunder-Sirup kochen. Leckeres Porridge zum Frühstück. Anziehen? Nein, wir werden den ganzen Tag im Schlafanzug „schlumpfeln“. So nennen das meine Kinder.

Wir werden ein Lager auf dem Sofa bauen. Jeder darf sich einen Film wünschen. Jeder darf mal auf dem iPad daddeln. Jeder darf sich etwas „Schlubbriges“ zum Essen wünschen, was gut durch entzündete Hälse flutscht: Vanillepudding. Sahnige Karotten-Kartoffel-Suppe. Leckeres Eis.

Normalerweise haben wir Regeln für Bildschirmzeit und gesundes Essen. Heute erkläre ich hemmungslos den Ausnahmezustand. Am allermeisten für mich selbst: Ich muss einmal gar nichts tun, ausser mich um kranke Kinder zu kümmern.

Im letzten Winter haben mir die dauernden Erkältungen meiner Kinder jedesmal die Laune komplett verhagelt. Solch einen Horror hatte ich jeden Herbst davor : https://www.fritzundfraenzi.ch/blog/elternblog/erkaltungszeit-der-horror-jeder-mutter

Aber alles Genervtsein hilft ja nichts. Kinder werden halt krank. Unsere drei sehr häufig und dann stecken sie sich gegenseitig an. Den ganzen Winter nur mit einer Fluppe herumlaufen? Will ich nicht.

Wenn ich ganz ehrlich bin, sind es nicht die Erkältungen meiner Kinder, die mich stressen. Genervt und ausgebrannt werde ich, wenn ich mein normales Programm versuche durchzuziehen, trotz kranker Kinder.

„The show must go on?“ Nein, Programmänderung. Wir sind heute einfach mal krank.

Kranksein kann durchaus Freude machen. Zumindest, wenn es nur eine banale Erkältung ist. Grippe, Magen-Darm, lebensbedrohliche Krankheiten – da sollte niemand mehr versuchen, gute Laune zu heucheln.

Aber schniefend, krächzend, hustend, selbst leicht fiebernd können wir es uns sehr gemütlich machen. Das fand ich schon als Kind: Herrlich, so ein paar Tage auf dem Sofa. Betuddelt, aufgepäppelt und verwöhnt werden.

Jetzt als Mutter finde ich: Erkältete Kinder zu pflegen kann durchaus Freude machen. Wenn ich mich so gut wie möglich darauf einlassen und beschränken kann. Ganz wird das nie gehen: Arbeitsprojekte müssen fertig werden, der Haushalt sollte weiterlaufen, unser Hund will trotzdem Gassi gehen.

Aber heute halte ich all das bewusst auf einem Minimum. Wir sind krank. Wir schlumpfeln, päppeln und entspannen. Wir entstressen zusammen und werden gesund. Das reicht als Programm. Und ehrlich: Das macht Freude, sogar mir. Nur die Pudelmütze wird mir langsam zu warm …

Das kalte Grausen: Familien-Skiferien

Ich liebe verschneite Berge. Und ich liebe meine Familie. Aber bei dem Gedanken, in nur vier Wochen zusammen Ski zu fahren, quillt mir das Adrenalin aus den Ohren.

Stress gibt’s garantiert beim

Anziehen morgens: Kind Nr. 3 findet seinen linken Handschuh nicht und heult. Kind Nr. 1, schon Teenie, blockiert seit 30 Minuten das Bad, um die Frisur zu stylen. Die sowieso unter dem Helm landet. Kind Nr. 2 sitzt vollständig angezogen draussen, leider mit dem Popo in einer Schneematsch-Pfütze. Kind Nr. 3, jetzt auch endlich voll ausstaffiert, muss plötzlich nochmal Pipi. Papa murmelt etwas von „schnell Emails vom Büro checken“ und verschwindet. Mama überlegt, ob es auch in Skiorten Scheidungs-Anwälte gibt.

Einchecken in die Skischule: „Da bleiben wir niiiiiiie, Ihr liebt uns nicht“, jaulen die Mädels. „Totaler Retro Babyscheiss“ muffelt der Teenie. Mama kann nur mit Japsen antworten, weil sie drei bockige Kinder mitzerrt, eigene Skier schleppt und die vom jüngsten Kind, sowie alle runterfallenden Handschuhe aufsammelt. Papa spricht eh nicht mehr seit dem Anschiss von Mama beim Anziehen. Morgen, ja da wird sich der Teenie noch länger stylen für Lisa, seine megacoole Skilehrerin. Die Mädels werden schwärmen von Sprungschanzen und Murmli-Maskottchen. Aber heute ist Drama.

Pipimachen: Erstmal zusammen eine steile Treppe mit klobigen, rutschigen Skischuhen runterfallen. Dann im Pipi-Müffel-Dunst Schlange stehen mit quengelndem Kind. Versuchen, das Kind über der verdreckten Klobrille abzuhalten ohne die Handschuhe in den grau-gelblichen Matsch am Boden fallen zu lassen. Selbst blitzschnell stresspinkeln und ohne Händewaschen zur Treppe sausen, damit das Kind nicht nochmal runterkracht. Nicht darüber nachdenken, wo die Hosenträger vom Kind wohl so feucht geworden sind. Dann das Ganze von vorne mit dem nächsten Kind … Papa könnte ja auch mal ran? Nee, der checkt E-Mails.

Essen im Restaurant: Alle Tische voll belegt. Mit durchgestylten Ski-Hipstern mit Fellbesatz am Kragen und Designer-Sonnenbrillen. Die sitzen seit zwei Stunden lässig chillaxend in der Sonne und zerren keine vor Hunger jaulenden Kinder hinter sich her. Dafür werfen sie unseren Kids wütende Blicke zu, wenn die kurz am gleichen Tisch ihre Kinderteller essen wollen. Oder, Gottachgott, aus Versehen einen Hipster-Skihelm zu Boden werfen. Kriegt Ihr erst mal Kinder und versucht dann, in den überfüllt-glitschigen Restaurants noch lässig rüberzukommen!

Pistensäue in Schach halten: Kaum stehen wir alle auf den Brettern, brettern sie an uns vorbei wie wütende Wildschweine. Ja, glauben die eigentlich, hier findet gerade das Casting für „Deutschland sucht die Super-Pisten-Sau“ statt? Die rasende Gruppe Engländer im Haifischkostüm auf der Piste hat garantiert schon ein paar Schnäpse zum Frühstück gehabt. Kann denen mal jemand sagen, dass Kinder über den Haufen fahren nicht supercool ist? Verdammte Hacke, wer verdonnert endlich diese Freizeitraser zum obligatorischen Bremskurs? Da werde ich zur Stöcke-schwingenden, hinterher-brüllenden Schneelöwen-Mama!

Gemeinsam Ski fahren: Der Älteste will mit Papa Tiefschnee fahren – und wusch sind die beiden schon verschwunden. Die Mittlere will ganz allein fahren und darf das auch, nachdem sie hoch und heilig verspricht, nur genau an diesem Schlepplift zu bleiben. Mama fährt pseudo-skilehrermässig vor der Jüngsten her, so tief im Stemmpflug, dass ihr die Knie weh tun. Der Rücken noch mehr vom ewigen Kind-aus-dem-Schnee-wieder-hochzerren. Unten angekommen beim Schlepplift warten sie vergeblich auf die Mittlere, die doch lieber eine Waldabfahrt gemacht hat. Soviel zum Thema „gemeinsame Familien-Erlebnisse“.

Zurückkommen in die Ferienwohnung: Irgendwann trudeln alle wieder ein. Aber die Stimmung ist im Keller: Irgendwer hat ein Fenster aufgelassen und die Bude ist so kalt wie ein Iglu. Irgendwer anders ist mit Schneematsch-Skischuhen durch den Flur gelaufen und hat überall Pfützen hinterlassen. Irgendwer müsste jetzt müffelnde Skisocken und nasse Klamotten aufhängen. Irgendwer anders müsste dringend fürs Abendbrot einkaufen. Niemand hat Lust oder Kraft. Verdammt, warum sind Hotels nur so teuer?!

Und was hilft gegen all den Stress? Letztes Jahr im Skiurlaub habe ich es endlich entdeckt. Mein Hexenschuss von all dem Geschleppe und Generv war meine Rettung. Zwei Tage Papa den ganzen Laden übernehmen lassen. Statt mich mit zickigen, heulenden Kindern herumzuschlagen, lieber entspannt ganz allein zur Bergstation rauffahren. In der Sonne sitzen, eine harte Wahl zwischen Toblerone-Mousse und Aprikosen-Torte mit viel Sahne treffen (in jedem Fall ein Jaga-Tee dazu) und in Ruhe die „Gala“ lesen.

Hach, Familien-Skiurlaub kann doch so schön sein … Ich glaub, dieses Jahr kriege ich ganz sicher wieder einen Hexenschuss!

 

Zeit zwischen den Jahren gestalten

Wir sind schon mitten drin, in der ruhigen Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Die Natur grau, kalt, leblos. Das Leben ganz zurückgezogen. Unser Festtags-Gewusel ist vorüber, das alte Jahr auch schon fast. Und das neue hat noch nicht angefangen.

Ich habe diese ruhigen Tage immer schon geliebt. Als Kind fand ich nichts schöner, als mich nach Weihnachten endlich mit Ruhe und Zeit meinen neuen Büchern und Spielsachen widmen zu können. Jetzt liebe ich es, meinen eigenen Kinder zuzusehen, wie sie zur Ruhe kommen, innnerlich und äusserlich.

Wenn es draussen erst so spät hell wird und so früh wieder dunkel, zünde ich überall im Haus kleine Kerzen an. Dann sitzen wir schon morgens im Pyjama auf dem Sofa, trinken Roibos-Tee mit Vanille, den auch die Kinder lieben, und ich lese ihnen vor. Abends sitzen wir dort wieder, lesen, erzählen, spielen, diesmal am Kamin.

Dieses Jahr habe ich eine Reihe alter Sagen und Märchen ganz neu entdeckt, die der „Rauhnächte“. Es sind die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem Fest der Heiligen Drei Königen. Teils stammen sie aus vorchristlicher Zeit und zeigen, wie sehr uns Menschen diese dunkleste Zeit des Jahres schon immer beschäftigt hat.

Ees geht in diesen alten Geschichten und auch den Bräuchen der Rauhnächte um Abschied-Nehmen – vom alten Jahr. Und von allem, was wir hinter uns lassen wollen.

Im Rückzug der Natur und ihrem scheinbaren Sterben liegt eine Chance, auch in uns Überaltetes, Verdorrtes, Nicht-Lebendiges bewusst zurück zu lassen. Ich denke darüber nach, was ich gerne loswerden möchte: Beziehungen, die sich überlebt haben. Ziele, die mir nicht entsprechen. Charakterzüge in mir, die mir nicht gut tun.

Ich schreibe sie auf Zettel und werfe sie in den Kamin. Die Kinder machen begeistert mit. Bewusst Abschied-Nehmen vom alten Jahr, das leuchtet ihnen ein. Und es gibt „Kraft“, meint unsere Jüngste, einfach zu verbrennen, was wir nicht mehr herumschleppen wollen.

Andere alte Bräuche erinnern uns an den Wert, etwas zu einem Abschluss zu bringen. Früher sollte vor den Rauhnächten das ganze Haus gefegt und alle Schulden beglichen sein.

Wir entrümpeln stattdessen Kinderzimmer, packen kiloweise aussortierte Kleider, Spielsachen und Bücher für karitative Organisationen. Und arbeiten unseren Berg an Papierkram ab. So schliessen wir ab und fangen ein neues Jahr leichter an. Auch das ist ein schönes Familien-Projekt.

Vor allem aber beschäftigen sich die Märchen und Sagen der dunklen Zeit mit Leben. Leben, das unter der erstarrten Schicht an Schnee und Eis ja weitergeht und wieder knospen wird. Mit Werten, wie wir das neue Jahr gestalten können, es vielleicht zu einem guten Leben werden lassen können.

Gute Taten, Grosszügigkeit, Glauben, Ehrlichkeit, Mut. Alles grosse Wörter, die uns aber in den alten Märchen ganz natürlich erscheinen. Und die auch heute ihre Gültigkeit haben. Werte, die sich vielleicht im neuen Jahr umsetzen lassen oder zumindest Richtung geben. Was für spannende Gespräche ergeben sich mit den Kindern darüber.

Ich bin froh, auf diesen Schatz alter Weisheiten und Einsichten für die dunklen Tage gestossen zu sein. Ja, es darf auch einfach eine entspannende Zeit sein. Einfach schön, sich zwischen den Jahren zurückzuziehen und unser hyggeliges Zuhaus zu geniessen.

Aber noch freudvoller finde ich es, diese Zeit als eine ganz besondere wahrzunehmen und diese Rauhnächte bewusst zu gestalten. Das alte Jahr zu einem guten Abschluss zu bringen und zu verabschieden. Unsere Gestaltungs-Möglichkeiten im neuen Jahr zu nutzen. Und die Kraft der Natur, die ja bald wieder erwachen wird.

Frohes Neujahr!

Hier ist ein Buch, das ich sehr inspirierend fand: Wunder der Rauhnächte

Unsere neue Sauna geniessen

Vor Kindern haben wir es geliebt, mit Kindern kamen wir kaum noch dazu. Nein, ich meine jetzt nicht Sex – obwohl das auch stimmen würde 😉… Ich meine, zusammen in die Sauna zu gehen.

Es hat gerade im Winter etwas so archaisch-gemütlich-entspannendes. Raus ins Schmuddelwetter, in eine kleine Kabine, die nach dem Holz duftet, aus dem sie gebaut ist. Richtig schön von innen und aussen warm werden. Dann wieder in die kalte Luft – und sich diesmal freuen, dass sie so frisch ist. Eine kalte Dusche, warmes Fussbad, ausruhen und wieder von vorne.

Herrlich. Und weil wir es beide so schön finden, aber eben mit Kindern nie dazu kamen, haben wir uns in diesem Herbst eine Gartensauna gebaut. Ja, eine Kabine im Keller wäre günstiger gewesen – aber der Keller unseres Hauses ist viel zu klein und voll gerumpelt. Ja, von dem Geld hätten wir auch einen romantischen Urlaub zu zweit machen können – aber in die Sauna können wir immer wieder gehen.

Am längsten hatten wir noch überlegt, ob wir nicht an genau dem Platz ein Spielhäuschen bauen sollten – für unsere Kinder. Aber die haben schon jede Menge Möglichkeiten, sich im Garten zu amüsieren. Wir nicht. Und wir fanden, jetzt sind wir mal dran.

Dazu hat mich auch das Freude-Projekt ermutigt. Nicht nur immer Freude für andere zu schaffen, sondern auch mal meine und unsere Herzenswünsche umzusetzen. Seitdem mein Vater eigenhändig eine Sauna in mein Elternhaus gebaut hat, nach Ski-Urlauben und Wellness-Wochenenden steht «Sauna» für mich wie nichts anderes für gemeinsames Entspannen.

Jetzt steht sie also, unsere Garten-Sauna. Ein von aussen und innen holzig-heimeliges Häuschen neben unserem Haus. Und jeden Sonntag-Nachmittag, seitdem es so herbstlich kühl wurde, gehen wir jetzt als Familie in die Sauna.

Was unser bald dreizehnjähriger Teenie-Sohn natürlich eine megapeinliche Idee findet. Erst nachdem mein Mann ihn überzeugte, dass echte Kerle nach dem Sport zusammen schwitzen, findet er es halbwegs okay. Aber nur allein mit Papa. Nun gut, dann gibt es eben abwechselnd Herren-Sauna und Damen-Sauna bei uns.

Ich geniesse es, mit unseren zwei Töchtern in der Sauna zu liegen und ihnen dabei Fantasie-Geschichten zu erzählen. «Weil, nur schwitzen, ist total langweilig, Mama!». Und den dritten Sauna-Gang machen Romain und ich ganz allein. Dann kommen wir zwei endlich einmal dazu, uns in Ruhe zu unterhalten.

Es ist herrlich. Plötzlich ist unser Familien-Sonntag um ein schönes Ritual erweitert. Plötzlich freuen wir uns richtig auf graue, nieselige, kalte Tage.

Wir spüren, wie wir in der Sauna alle Anspannung wegschwitzen und relaxen danach zusammen. Zwischen den Gängen eingemummelt in flauschige Bademäntel und mit wolligen Socken. Wenn wir fertig sauniert haben, machen wir ein Raclette und Feuer im Kamin. So richtig Winter-Stimmung.

Alle haben rosige Gesichter, prickelnde Haut nach der kalten Dusche, fühlen sich wohlig erschöpft. Alle schlafen in der Nacht danach wunderbar tief. Und bislang, ich klopfe gerade auf Holz, scheinen wir auch weniger Erkältungen in diesem Winter zu bekommen. Was bei unserer Schnief-Familie wirklich ein Erfolg wäre!

Vor allem ist es eine tolle und freudige Erfahrung, zusammen zu entspannen. Auf viele schöne Abende in unserer kleinen Gartensauna!

Wer ist noch Sauna-Fan da draussen? Und wer macht mit, wenn es irgendwann bei uns Damen-Sauna für Freundinnen gibt?

Farbtupfer und farbige Akzente

Jedes Mal, wenn ich unsere Kinderzimmer schaue, werde ich fröhlich. Strahlend blaue Vorhänge. Türkis-weiss gestreifte Teppiche. Rosa gequiltete Überdecken. Spielzeug, Kleider, Bücher in allen Regenbogenfarben. Meine Kinder lieben die Farbenvielfalt. Sie leben, spielen, lernen in einer bunten Welt und ziehen sich genauso an.

Und ich als Erwachsene? Habe mehr blaue T-Shirts und Pullover, mehr dunkle Hosen, beige Mäntel und schwarze Schuhe als ich zählen kann. Ich ziehe mich halt gern klassisch an. In unserem Haus umgebe ich mich gern mit Naturtönen, hellem Holz, hellen Stoff. Ich liebe diesen skandinavischen Stil.

Und Farbe? So richtig leuchtende Farben? Die gibt es bei uns viel zu wenig, finde ich. Seit wir Kinder haben ist unser Haus zwar bunter geworden, mit all ihren Kunstwerken und Spielsachen. Und meine Kleidung lässiger, Spielplatz-tauglich halt.

Aber so richtig Farbe in mein Leben gebracht, das habe ich viel zu lange nicht mehr. Dabei liebe ich es, wenn ich Erwachsene sehe, die sich in strahlenden Farben anziehen, die sie leuchten lassen und ihnen gutstehen. Und finde gekonnte Farbtupfer in der Einrichtung so richtig toll.

Nein, ich will nicht wie Pippi Langstrumpf in ihrer Villa Kunterbunt werden. Obwohl uns allen übergepassten Erwachsenen wahrscheinlich ein Schuss Pippi-Mentalität ganz guttäte. Aber bei mir darf die Basis gern klassisch und gedeckt bleiben. Nur ein paar fröhliche Farb-Akzente brauche ich dringend.

Um mich auch im gräulichsten aller grauen Alltag daran zu erinnern, wie farbenfroh das Leben trotz allem ist.

Also gehe ich auf die Suche. Manche Farben stehen mir einfach gar nicht. Orange, rot, grün – daran sehe ich aus wie ausgespuckt. Aber kobaltblau, fuchsia, petrol – ja, darin mag ich mich. Nicht von Kopf bis Fuss, ein Schal oder Pulli tut es auch. Und sie passen gut zu meinen klassischen Klamotten.

So nähere ich mich in kleinen, budget-freundichen Schritten einer fröhlicheren Garderobe an. Und es stimmt: Ein Kleidungs-Stück in einer fröhlichen Farbe zu tragen, mich darin im Spiegel zu sehen, das hebt meine Stimmung.

Auch in unserem Zuhause schaue ich, wo Farbe reinpasst. Eine quietschbunte Teekanne jetzt für den Herbst, um mit den Kindern leckeren Früchtetee zu tragen. Bunte Bilderrahmen und darin die Fotos von den letzten Ferien. Vielleicht bald eine neue, bunt gemusterte Bett-Überdecke und Kissen?

Auf jeden Fall schon mal eine Kuscheldecke in herbstlichem Rot. Und überhaupt ein bischen Herbst-Deko: Kerzen, einen Kranz an der Tür in Orange, Weinrot und schönen Brauntönen. So kommt ein bisschen von der warmen Farbenpracht draussen zu uns herein.

Je mehr ich schaue, desto mehr Möglichkeiten sehe ich, wo ich mehr Farbe in mein Leben bringen kann. Sorry, liebes klassisch, hanseatisch, skandinavisch, minimalistisch gesytyltes Dasein – ich habe Dich zwar immer noch gern. Aber Du wirst Dir jetzt meine Kleidung, mein Zuhause mit Farbtupfern und Stilbrüchen teilen müssen. Denn die bringen mir Freude.

Was für Farben mögt Ihr? Und wo, wie, wann bringt Ihr sie in Euer Leben?